Fach(unterrichts)räume
Neben den Lernräumen für den allgemeinen Unterricht gibt es in den meisten Schulen und Schulformen auch solche für Fächer mit einem besonderen Material- und Gerätebedarf bzw. wo besondere Sicherheitsbestimmungen gelten.
Aber hier fängt in unserem föderalistischen Staat das Problem schon an, denn sowohl die Sicherheitsvorschriften wie auch überhaupt der Anspruch auf Fachräume sind recht unterschiedlich. Z.B. sehen die Vorgaben (Schulbauförderrichtlinien BaWü) für den Fachraumbau für Grundschulen in Baden-Württemberg keine besonderen Fachräume für den Sachkunde- oder Musikunterricht vor, während laut Musterflächenplan in Hamburg eine gleich große Grundschule einen Anspruch auf zwei Sachkunde- und einen Musikunterrichtsraum hat. Beides übrigens gewiss eher reiche Länder – die Schulträger erhalten aber in BaWü keine Zuschüsse vom Land, wenn sie den sicher begründeten Wünschen der Schulen folgen wollen.
Wir wollen auf dieser Seite allerdings nicht in ein weiteres Lamento verfallen, sondern nur an einzelnen Raumfragen aufzeigen, welche veränderten Raumkonzepte auch bei den Fachräumen möglich, sinnvoll oder auch notwendig sein könnten:
1. Naturwissenschaften (Phy/Bio/Chem/Inf/Nw
- Zu prüfen und zu diskutieren ist, ob man grundsätzlich getrennte Fachräume für die Fachschaften Physik, Biologie und Chemie einrichtet oder ob diese nicht so multifunktional sein können, dass jedes Fach in einem naturwissenschaftlichen Raum unterrichtet werden kann. Ausnahme ist hier bestimmter, versuchsbasierter Unterricht im Fach Chemie, wo z.B. Abzüge etc. vorgehalten würden müssen.
- Selbiges gilt auch für die Sammlungen – hier gibt es Beispiele von Schulen, die aus Synergiegründen und bei der zunehmenden Orientierung auf fachübergreifendes Unterrichten eine gemeinsame Sammlung bevorzugen.
- Eine interessante Variante zum Einsatz und Aufbewahrung von Schülerversuchseinheiten bieten die aus der Veranstaltungstechnik bekannten Flightcases, die recht günstig (und passgerecht!) gebaut werden können und auf Rollen dann in die jeweiligen Fachräume gefahren werden.
- Die ehemaligen fest installierten Energie- und Wassersäulen mit angrenzenden z.T. fest verschraubten Tischen sind nicht mehr zeitgemäß und behindern ein heute vielfach gefordertes gruppenorientierten Lernen mit Schülerversuchen, Tische müssen z.B. entsprechend der Aufgabenstellung verschoben werden können.
- Stattdessen haben sich vielerorts sog. Deckensysteme durchgesetzt, die allerdings extrem teuer in der Anschaffung und auch im Unterhalt sind. Allerdings erzeugen derartige Raumzuschnitte in der Regel frontale Unterrichtsstrukturen mit einer zentralen Ausrichtung auf Demonstrationstisch und Projektionsfläche/Tafel.
- Als Alternative wird mancherorts ein sog. ‚Laborsystem‘ bevorzugt, bei dem die Versuchstische für Schülerversuche umlaufend an den Wänden eingerichtet sind und in der Mitte des Raumes sich eine Instruktionszone befindet. Auch interessant ist die Zweiteilung eines Lernraumes mit einem vorderen Teil für die Instruktion und einem hinteren Teil mit fest installierten Versuchstischblöcken, die für die Lehrkraft vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten in einem Raum ermöglicht. Kostenseitig günstig ist dabei, dass für die Instruktion nicht die teuren High-End-Möbel der bekannten Spezialschulmöbelhersteller angeschafft werden müssen.
- Besondere Informatikräume bzw. auch Räume für Natur und Technik sind beim multifunktionalen Raumkonzept nicht mehr notwendig, der gesamte Recherchebereich alter Computerräume kann mit der heutigen digitalen Infrastruktur in den allgemeinen Lernräumen erfolgen, ausgenommen sind im Fach Informatik hier lediglich Arbeiten mit Hardwarekomponenten.
- Fachübergreifendes naturwissenschaftliches Lernen (NwT) kann in den multifunktionalen NaWiräumen erfolgen.
- Eine weitere Ausnahme stellen bestimmte Berufsschullernfelder (Lernbüros) dar, die im Moment noch spezielle Räume benötigen.
- Für Grundschulen sollte eigentlich eine fördernde und motivierende Lernumgebung eines Sachkunde- oder Naturphänomene-Unterrichts in einem gesonderten Raum genutzt werden, um die Kinder so früh wie möglich für entsprechende Sachverhalte zu interessieren.
2. Musik
- Musik ist nun einmal mit Musikmachen verbunden, so dass die Platzierung der Musikräume aus Lärmbelästigungsgründen sorgfältig überlegt werden sollte.
- Gerade musikpraktischer Unterricht in Kleingruppen benötigt mehrere Kleinsträume, sog. Übungszellen, die vor allen Dingen von Lehrerseite einsehbar sein sollten. Diese Räume eignen sich auch gut für Kooperationen mit z.B. der Jugendmusikschule oder anderen Trägern.
- Musik will auch aufgeführt werden, insofern ist die Kombination des Backstagebereichs mit einer Bühnensituation eine gute multifunktionale Lösung zur Schaffung eines weiteren Musikraumes, es müssen nur die erforderlichen Trennwände etc. vorgesehen werden.
- Bei der Dimensionierung der Sammlung sollte man darauf achten, genügend Fläche und vor allen Dingen geeignete Staumöbel für Instrumente zu haben – hier sind u.U. individuell gefertigte Möbel zielführender als die normierten Musikschränke.
3. Kunst und Werken
- Das Fach Kunst hat strukturell ein Platzproblem, weniger mit Blick auf die Arbeitsflächen von Schülerinnen und Schülern als vielmehr auf die schier unendliche Fülle an Material. Es gilt also bei der Planung der Kunsträume und der Fachsammlung(en) eine genau Lagerlogistik zu konzipieren, die auch die Höhe der Räume optimal ausnutzt.
- Ein Ausgang aus dem Unterrichtsraum ins Freie (mit nutzbarem Freiraum draußen) ermöglicht weitere Betätigungs- und ggf. auch Differenzierungsmöglichkeiten.
- Sammlungen und Unterrichtsräume sollten strukturell mit Sichtverbindungen ausgestattet sein.
- Auch Zusatzräume mit Sicherheitsproblemen wie für einen Brennofen, Schneidetisch etc. sollte man vorher einplanen. Das gilt bei Werkräumen auch für den Maschinenpark.
4. Theater oder Darstellendes Spiel
- Mancherorts werden die Möglichkeiten, die dieses Fach für die Persönlichkeitsbildung der Schülerinnen und Schüler bietet, im räumlichen Sinne stiefmütterlich behandelt, dabei lassen sich bei geschickter Raumplanung in der Gemeinsamen Mitte im Sinne einer multifunktionalen Nutzung gute Entfaltungsmöglichkeiten schaffen.
- Voraussetzung sind dabei die oben bereits genannten Sitzstufenelemente, bewegliche Raumteilerelemente und eine von vornherein geplante effektive Verdunkelungsmöglichkeit.
- Licht- und Tontechnik sollte anschlussseitig vorinstalliert sein, also Traversen für Beleuchtung und Beschallung sowie Stromversorgung, Bodentanks mit den einschlägigen Anschlussmöglichkeiten vermeiden spätere Stolperfallen.
- Ein leistungsstarker Beamer sollte haustechnikseitig mit eingeplant sein.
- Wichtig ist auch eine entsprechende Schließbarkeit des Theaterbereichs bei Veranstaltungen so zu gestalten, dass nicht die gesamte Schule geöffnet ist, der Zugang zu Toiletten und ggf. einer Cateringeinheit sollte bedacht werden.
5. Sport
- Eine Sporthalle zu bauen ist eine Wissenschaft für sich, hier sei nur aus pädagogischer Sicht darauf hingewiesen, dass alle Mehrfeldsysteme (2Feld- oder 3Feldhallen) beim heutigen veränderten Sportunterricht mit (ruhigen!) Reflexionsphasen etc. im Unterricht mit Lärmproblemen aus den jeweils anderen Lerngruppen zu kämpfen haben. Hilfsweise sollte man einen angrenzenden Seminarraum einplanen (mit einer Collegebestuhlung kann man hier Platz sparen), um die sportliche Betätigung und Reflexion über Sport und sportliches Verhalten räumlich trennen zu können. Auch Videopräsentationen (von z.B. selbst aufgezeichneten) Bewegungsabläufen können hier analysiert werden.
- Die handelsüblichen Trennvorhänge bieten bei selbst optimalem wandabschließenden Einbau meistens nicht mehr an als eine Lärmreduktion von 20dB, was für die unterschiedlichen Nutzungsphasen von 2 oder 3 Gruppen in einer Halle in der Regel nicht ausreicht.
- Aus Gesundheitsschutzgründen für die Sportlehrkräfte sollte bauseitig der feste Einbau einer verstärkenden Sprechanlage mit Headsets für die Lehrkäfte eigentlich selbstverständlich sein, Schreien ist ungesund! Für Tanzsport, Veranstaltungen aber auch ggf. für einen jugendgerechten Groove bei bestimmten Tätigkeiten bieten sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten.